Neue mieterfreundliche Rechtsprechung zu allgemeinen Geschäftsbedingungen

Wohnraummiete: Rechtzeitigkeit der Mietzahlung

In Formularmietverträgen hat sich die Klausel durchgesetzt, wonach es für die Rechtzeitigkeit der Mietzahlung auf den Eingang des Geldes ankommen soll. Problematisch ist insoweit, dass viele Mieter den Überweisungsauftrag jeweils für den dritten Werktag des Monats erteilt haben und die Miete dann erst einige Tage später auf dem Konto des Vermieters gutgeschrieben wird. Dies hat einige Vermieter bereits veranlasst, das Mietverhältnis wegen verspäteter Mietzahlungen zu kündigen.

Der Bundesgerichtshof hat nunmehr in einem Urteil vom 05.10.2016 entschieden, dass es ausreichend ist, dass der Mieter – selbstverständlich nur bei ausreichend gedecktem Konto – seiner Bank den Zahlungsauftrag bis zum dritten Werktag des jeweiligen Monats erteilt (BGH, Urteil vom 05.10.2016, Az.: VIII ZR 222/15, zitiert nach juris). Die oben zitierte vertragliche Klausel, wonach es auf den Zeitpunkt des Eingangs des Geldes ankommt, ist gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, weil sie das Risiko etwaiger durch die Bank verursachte Verzögerungen des Zahlungsvorgangs dem Mieter auferlegt.

Es bleibt nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs damit ausreichend, wenn der Mieter am dritten Werktag den Zahlungsauftrag bei seiner Bank erteilt, da nach § 556 b Abs. 1 BGB die Miete „zu Beginn, spätestens bis zum dritten Werktag der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten ist, nach denen sie bemessen ist“.

Mündliche Individualvereinbarungen sind auch bei doppelter Schriftformklausel wirksam

Die Einhaltung der Schriftform ist insbesondere für Vermieter von gewerblichen Immobilien von erheblicher Bedeutung, so dass auf ihre Einhaltung bei Abschluss des Vertrages besonders geachtet wird. Risikobelastet sind vor allem spätere Vertragsänderungen, die auch im Falle unwesentlicher Anpassungen des Vertrages der Schriftform unterliegen. Es haben sich daher sogenannte doppelte Schriftformklauseln (bzw. qualifizierte Schriftformklauseln) durchgesetzt. Hiernach bedürfen nicht nur alle Änderungen oder Ergänzungen des Vertrages der Schriftform sondern auch die Änderung der Schriftformklausel selbst. Nachdem der Bundesgerichtshof bereits für einfache Schriftformklauseln entschieden hat, dass nachträgliche mündliche Individualvereinbarungen Vorrang vor formularvertraglichen Schriftformklauseln haben, hat nunmehr der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 25.01.2017 klargestellt, dass auch die sogenannte doppelte Schriftformklausel den Vorrang der Individualvereinbarung nicht beseitigen kann (BGH, Urteil vom 25.01.2017, Az.: VII ZR 69/16, zitiert nach juris).

Damit wurde klargestellt, dass formularvertragliche Schriftformklauseln keinen ausreichenden Schutz gegen mündliche Individualvereinbarungen bieten. Zwar ist theoretisch weiterhin möglich, Schriftformklauseln individualvertraglich im Sinne ausgehandelter Vertragsbedingungen wirksam zu vereinbaren. Die Verfasser solcher Verträge müssen daher darauf achten, dass tatsächlich gem. § 305 Abs. 1 BGB die Schriftformklauseln ebenso wie sonstige typische Individualvereinbarungen „im Einzelnen ausgehandelt“ werden.

Verfasser:
Rechtsanwalt Seide,
Fachanwalt für Arbeitsrecht
30.03.2017